An die tausend Besucher füllten das Tutzinger Festzelt, um einmal live den Stargast des traditionellen SPD-Abends zu erleben und sie wurden nicht enttäuscht. Hannelore Kraft, die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, die als „Ministerpräsidentin der Herzen“ ihren Wahlkampf gegen den CDU-Umweltminister Norbert Röttgen gewonnen hatte, kam, redete und eroberte auch die Herzen der Oberbayern. Egal, welches Thema sie anschnitt, stets traf sie genau den Ton, der tosenden Beifall auslöste. Das waren – natürlich – die sozialen Themen, aber auch die Energiewende, die Finanzkrise, der Euro oder auch die Eigentore von CSU und CDU. Und dass der Auftritt kein Pflichttermin der Parteisoldatin Kraft war, sondern ein Herzensanliegen, sagte sie gleich zu Beginn: „Ich bin überzeugt, dass in Bayern mit der SPD etwas geht und dazu will ich beitragen. Currywurst und Weißwurst sind eine gute Kombination“.
Für den hochkarätigen Rahmen des Abends sorgten die Spitzen der Bayern-SPD in Gestalt des Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Markus Rinderspacher, und des Parteivorsitzenden Florian Pronold. Beide beschworen den fulminanten Aufbruch der SPD, um mit Christian Ude die Regierung in Bayern zu übernehmen. „Elf Siege in elf Wahlkämpfen in den letzten drei Jahren auf Bundesebene zeigen unser erotisches Verhältnis zur Politik“, verkündete Rinderspacher. „Wir setzen nicht auf Platz sondern auf Sieg“. Was den Landtagskandidaten der SPD für den Stimmkreis Starnberg angehe, so freue er sich auf die Fachkompetenz von Tim Weidner in der neuen Fraktion. Pronold wiederum konnte sich ein paar Seitenhiebe auf die CSU nicht verkneifen und bezeichnete deren Generalsekretär Alexander Dobrindt als „den Dümmsten, den die CSU hervorbringen konnte“. Der lege mit seiner Forderung Griechenland solle den Euro verlassen, Milliarden ins Feuer und gieße noch Öl drauf, damit es schön brenne.
Solche Rundumschläge konnte Hannelore Kraft sich zwar verkneifen, in der Sache ging sie mit den unter Schwarzgelb anzutreffenden Verhältnissen aber scharf ins Gericht und hob die eigenen Stärken hervor. „Wir waren und sind die Kümmerer-Partei“, rief sie. Das habe die SPD von jeher stark gemacht. „Wir gehen raus zu den Leuten und fühlen, was sie bewegt“. Arbeit, so ein anderer Kernsatz, habe etwas mit Würde zu tun. Arbeiten könne aber nur, wer für seine Kinder auch einen Kita-Platz habe. Jeder Kita-Platz verhindere möglicherweise, dass jemand in Hartz-IV-Verhältnisse abgleite. „Es ist also gesamtwirtschaftlich viel preiswerter, Kindergartenplätze zu schaffen, als einfach Betreuungsgeld zu zahlen, rechnete die gelernte Bankkauffrau und studierte Volkswirtschaftlerin Kraft vor.
Mit ähnlich klaren Ansagen verteidigte sie die Steuerfahndung nach Schwarzgeldsündern („eine fundamentale Frage der Gerechtigkeit“), notfalls auch durch Ankauf entsprechender CD’s, und auch den Euro, für dessen Krise man nicht weniger, sondern mehr Europa, und zwar ein soziales, brauche. Hier sieht sie auch eine Gefahr für die Demokratie. Hannelore Kraft setzt dem Merkel’schen Slogan von der marktkonformen Demokratie ihre Forderung nach demokratiekonformen Märkten entgegen. Auch hier gelte der Satz des einstigen Bundespräsidenten Johannes Rau: „Man soll sagen, was man tut, und tun, was man sagt“.
Nach einer guten Stunde dieses Feuerwerks von zutiefst sozialdemokratischen Forderungen musste Hannelore Kraft sich selber zügeln und sagte einfach „danke fürs Zuhören“. Die standing ovations nahm sie beinahe verlegen entgegen und schrieb noch viele Autogramme.

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